Sitzung: 16.07.2015 Rat der Gemeinde Bad Essen
Bürgermeister Natemeyer verliest eine schriftliche Anfrage des Ratsherrn
Dr. Lücht:
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 09. Juli 2015 habe ich von Ratsmitglied
Dr. Lücht folgende schriftliche Anfrage erhalten:
Sehr geehrter Herr
Bürgermeister,
Das Schwänzen der Schule
kann in die Kriminalität führen.
Schulverweigerung wird
bereits so definiert, dass eine einzige Fehlstunde oder ein einziger Fehltag in
der Schule ausreichen für diese Definition.
Unter dieser Definition
stelle ich folgende Fragen zu Beantwortung auf der kommenden Ratssitzung:
Gibt es an den Bad Essener
Grundschulen und der Oberschule Schulverweigerer?
Wie hoch sind diese Zahlen
bei den einzelnen Schulen und der Jahrgangsstufen?
Was wird von Seiten der
Schulen, Gemeinde, des Landkreises und der Maßarbeit gegen Schulverweigerung
unternommen?
Werden eventuell nicht
alle Schüler, die unentschuldigt fehlen oder von ihren Eltern aus Scham
"gedeckt werden", nicht als Schulschwänzer erkennt?
Sind unter den
Schulverweigerern bereits Schüler polizeibekannt?
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Lücht
Und
beantwortet diese wie folgt:
Die Gemeinde Bad Essen nimmt als eine von
sieben Städten und Gemeinden im Rahmen des Projektes „Landkreis vor Ort“
verschiedene Aufgaben des Landkreises Osnabrück vor Ort im Bad Essener Rathaus
wahr. Zu diesen Aufgaben gehört neben der Kfz-Zulassung oder der Bearbeitung
von Elterngeldanträgen auch die Bearbeitung von Schulpflichtverletzungen. Ziel
dieser Aufgabenverlagerungen war und ist, durch die Aufgabenerledigung vor Ort
entweder einen besonderen Service für die Einwohner zu bieten oder Aufgaben
effektiver und erfolgreicher durch die örtliche Nähe wahrzunehmen.
Ein Verstoß gegen die Schulpflichtbestimmungen
liegt dann vor, wenn ein Schüler den Unterricht unentschuldigt versäumt hat,
d.h. eine Entschuldigung für ein Unterrichtsversäumnis trotz Erinnerung nicht
beigebracht wird.
Seitens der Schulen werden in diesen Fällen
zunächst Gespräche mit dem Schüler und den Erziehungsberechtigten durch den
Klassenlehrer und/oder die Schulleitung geführt. Auch die Schulsozialarbeit
wird mit einbezogen.
Erst wenn diese Gespräche erfolglos sind,
erfolgt eine Mitteilung über die Schule an die Gemeinde Bad Essen mit der Bitte
um Einleitung eines Schulpflichtverletzungsverfahrens.
Seitens der Gemeindeverwaltung werden die
Schüler und die Eltern im Rahmen eines Anhörungsverfahrens um Stellungnahme
gebeten. Anschließend wird ein Schulpflichtverletzungsverfahren eingeleitet.
Dieses kann die Zahlung eines Bußgeldes oder bei Nichtzahlung die Verpflichtung
zur Ableistung von Sozialstunden durch eine Gerichtsentscheidung zur Folge
haben. Bei hartnäckigen Schulverweigerern, die auch die Sozialstunden nicht
ableisten, ist die Anordnung von Jugendarrest durch das Gericht möglich.
Aktuell liegen an der Oberschule und dem
Gymnasium drei Fälle vor:
Oberschule Bad
Essen:
Ein Schüler der 7. Klasse besuchte
zwischenzeitlich mehrere Wochen nicht die Schule. Inzwischen konnte in
intensiver Zusammenarbeit zwischen der Schule, dem Schüler und den Eltern
wieder eine kontinuierliche Teilnahme erreicht werden.
In einem zweiten Fall besucht ein Schüler
der Klasse 10 seit mehreren Monaten nicht mehr die Schule. Nach den Gesprächen
mit den Erziehungsberechtigten ist das Jugendamt mit eingebunden worden.
Gymnasium Bad
Essen:
Ein Schüler der 10 Klasse besucht seit mehreren
Monaten nicht mehr die Schule.
Im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten und
Möglichkeiten wird von der Gemeinde Bad Essen, dem Landkreis Osnabrück und der
MaßArbeit versucht, Schulverweigerung zu vermeiden, die Schulen für
Schulpflichtverletzungen zu sensibilisieren und diese transparent zu machen
sowie über Ursachenforschung weitere Schulpflichtverletzungen zu verhindern.
Im Speziellen hat im vergangenen Jahr eine
Informations- und Diskussionsveranstaltung mit allen Schulleitungen, dem
Landkreis Osnabrück bzw. der MaßArbeit stattgefunden, in der die
Verfahrensabläufe eines Schulpflichtverletzungsverfahrens abgestimmt wurden.
Ziel ist dabei eine Sensibilisierung der Schulen und eine schnelle
Reaktionszeit bei Einleitung eines Schulpflichtverletzungsverfahrens, damit die
verweigernden Schüler auch erkennen, dass ihr Fehlverhalten Konsequenzen hat.
Seitens des Landkreises Osnabrück bzw. der
MaßArbeit besteht zudem im Rahmen des Übergangsmanagements das Aufgabengebiet
„Schulverweigerung“. Hierzu gehören Ansprechpartner im Kreishaus für die Koordination
sowie Sozialpädagogen für die Fachberatung der Schulen sowie für das
Fallcoaching. Neben einer Handreichung „Schulverweigerung“ wurde zudem ein
einfaches Online-Meldesystem für Schulverweigerung geschaffen, um die
entsprechende Transparenz für Schulen und Behörden zu schaffen.
Bezugnehmend auf eine weitere Frage von
Herrn Dr. Lücht bin ich mir sicher, dass es trotz der zahlreichen Bemühungen
weiterhin Kinder und Jugendliche gibt, die unentschuldigt fehlen, wo das
Verhalten aber durch die Eltern – aus welchen Gründen auch immer (Scham,
Hilflosigkeit, Angst vor Sanktionen, öffentliche Meinung etc.) und auch Ärzte gedeckt
wird. Hier eine Größenordnung zu nennen, ist nicht möglich, es handelt sich jedoch
eher um Einzelfälle.
Zu der abschließenden Frage von Herrn Dr.
Lücht möchte ich ausführen, dass die oben aufgeführten aktuell vorhandenen drei
Schulpflichtverletzungen an Bad Essener Schulen nicht „polizeibekannt“ sein
dürften, eine verlässliche Aussage der Polizei liegt uns dazu jedoch aus Datenschutzgründen
nicht vor.