Bürgermeister Natemeyer verliest eine schriftliche Anfrage des Ratsherrn Dr. Lücht:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 09. Juli 2015 habe ich von Ratsmitglied Dr. Lücht folgende schriftliche Anfrage erhalten:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Das Schwänzen der Schule kann in die Kriminalität führen.

Schulverweigerung wird bereits so definiert, dass eine einzige Fehlstunde oder ein einziger Fehltag in der Schule ausreichen für diese Definition.

Unter dieser Definition stelle ich folgende Fragen zu Beantwortung auf der kommenden Ratssitzung:

Gibt es an den Bad Essener Grundschulen und der Oberschule Schulverweigerer?

Wie hoch sind diese Zahlen bei den einzelnen Schulen und der Jahrgangsstufen?

Was wird von Seiten der Schulen, Gemeinde, des Landkreises und der Maßarbeit gegen Schulverweigerung unternommen?

Werden eventuell nicht alle Schüler, die unentschuldigt fehlen oder von ihren Eltern aus Scham "gedeckt werden", nicht als Schulschwänzer erkennt?

Sind unter den Schulverweigerern bereits Schüler polizeibekannt?

Mit freundlichen Grüßen

 

Joachim Lücht

 

Und beantwortet diese wie folgt:

 

Die Gemeinde Bad Essen nimmt als eine von sieben Städten und Gemeinden im Rahmen des Projektes „Landkreis vor Ort“ verschiedene Aufgaben des Landkreises Osnabrück vor Ort im Bad Essener Rathaus wahr. Zu diesen Aufgaben gehört neben der Kfz-Zulassung oder der Bearbeitung von Elterngeldanträgen auch die Bearbeitung von Schulpflichtverletzungen. Ziel dieser Aufgabenverlagerungen war und ist, durch die Aufgabenerledigung vor Ort entweder einen besonderen Service für die Einwohner zu bieten oder Aufgaben effektiver und erfolgreicher durch die örtliche Nähe wahrzunehmen.

Ein Verstoß gegen die Schulpflichtbestimmungen liegt dann vor, wenn ein Schüler den Unterricht unentschuldigt versäumt hat, d.h. eine Entschuldigung für ein Unterrichtsversäumnis trotz Erinnerung nicht beigebracht wird.

Seitens der Schulen werden in diesen Fällen zunächst Gespräche mit dem Schüler und den Erziehungsberechtigten durch den Klassenlehrer und/oder die Schulleitung geführt. Auch die Schulsozialarbeit wird mit einbezogen.

Erst wenn diese Gespräche erfolglos sind, erfolgt eine Mitteilung über die Schule an die Gemeinde Bad Essen mit der Bitte um Einleitung eines Schulpflichtverletzungsverfahrens.

Seitens der Gemeindeverwaltung werden die Schüler und die Eltern im Rahmen eines Anhörungsverfahrens um Stellungnahme gebeten. Anschließend wird ein Schulpflichtverletzungsverfahren eingeleitet. Dieses kann die Zahlung eines Bußgeldes oder bei Nichtzahlung die Verpflichtung zur Ableistung von Sozialstunden durch eine Gerichtsentscheidung zur Folge haben. Bei hartnäckigen Schulverweigerern, die auch die Sozialstunden nicht ableisten, ist die Anordnung von Jugendarrest durch das Gericht möglich.

Aktuell liegen an der Oberschule und dem Gymnasium drei Fälle vor:

Oberschule Bad Essen:

Ein Schüler der 7. Klasse besuchte zwischenzeitlich mehrere Wochen nicht die Schule. Inzwischen konnte in intensiver Zusammenarbeit zwischen der Schule, dem Schüler und den Eltern wieder eine kontinuierliche Teilnahme erreicht werden.

In einem zweiten Fall besucht ein Schüler der Klasse 10 seit mehreren Monaten nicht mehr die Schule. Nach den Gesprächen mit den Erziehungsberechtigten ist das Jugendamt mit eingebunden worden.

Gymnasium Bad Essen:

Ein Schüler der 10 Klasse besucht seit mehreren Monaten nicht mehr die Schule.

Im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten und Möglichkeiten wird von der Gemeinde Bad Essen, dem Landkreis Osnabrück und der MaßArbeit versucht, Schulverweigerung zu vermeiden, die Schulen für Schulpflichtverletzungen zu sensibilisieren und diese transparent zu machen sowie über Ursachenforschung weitere Schulpflichtverletzungen zu verhindern.

Im Speziellen hat im vergangenen Jahr eine Informations- und Diskussionsveranstaltung mit allen Schulleitungen, dem Landkreis Osnabrück bzw. der MaßArbeit stattgefunden, in der die Verfahrensabläufe eines Schulpflichtverletzungsverfahrens abgestimmt wurden. Ziel ist dabei eine Sensibilisierung der Schulen und eine schnelle Reaktionszeit bei Einleitung eines Schulpflichtverletzungsverfahrens, damit die verweigernden Schüler auch erkennen, dass ihr Fehlverhalten Konsequenzen hat.

Seitens des Landkreises Osnabrück bzw. der MaßArbeit besteht zudem im Rahmen des Übergangsmanagements das Aufgabengebiet „Schulverweigerung“. Hierzu gehören Ansprechpartner im Kreishaus für die Koordination sowie Sozialpädagogen für die Fachberatung der Schulen sowie für das Fallcoaching. Neben einer Handreichung „Schulverweigerung“ wurde zudem ein einfaches Online-Meldesystem für Schulverweigerung geschaffen, um die entsprechende Transparenz für Schulen und Behörden zu schaffen.

Bezugnehmend auf eine weitere Frage von Herrn Dr. Lücht bin ich mir sicher, dass es trotz der zahlreichen Bemühungen weiterhin Kinder und Jugendliche gibt, die unentschuldigt fehlen, wo das Verhalten aber durch die Eltern – aus welchen Gründen auch immer (Scham, Hilflosigkeit, Angst vor Sanktionen, öffentliche Meinung etc.) und auch Ärzte gedeckt wird. Hier eine Größenordnung zu nennen, ist nicht möglich, es handelt sich jedoch eher um Einzelfälle.

Zu der abschließenden Frage von Herrn Dr. Lücht möchte ich ausführen, dass die oben aufgeführten aktuell vorhandenen drei Schulpflichtverletzungen an Bad Essener Schulen nicht „polizeibekannt“ sein dürften, eine verlässliche Aussage der Polizei liegt uns dazu jedoch aus Datenschutzgründen nicht vor.