Sitzung: 15.10.2015 Rat der Gemeinde Bad Essen
Beschluss:
Der Rat der Gemeinde Bad Essen
befürwortet die auf der Grundlage des beigefügten Konzepts angedachte
gemeinsame Vorgehensweise der Gemeinden Bad Essen, Bohmte und Ostercappeln bei
der Unterbringung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen im
Wittlager Land und beauftragt die Verwaltung mit der weiteren Ausarbeitung. Es
wird angestrebt die erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen im Dezember
2015 im Rat zu beschließen.
Bürgermeister Natemeyer erläutert den
Sachverhalt.
In den vergangenen Jahren und Monaten,
insbesondere aber seit dem Sommer 2015, sei die Zahl der Asylbewerber und
Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, extrem gestiegen. In den Medien werde
darüber täglich ausführlich berichtet.
Diese Entwicklung habe ihre Ursache
natürlich zu allererst in Kriegen und Konflikten in den Heimatländern der
Migranten. Auch über andere Faktoren sei vielfach diskutiert worden. Sie mögen
eine gewisse Rolle bei diesem Anstieg spielen, etwa gesetzliche Änderungen,
z.B. in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2012, wonach
Asylbewerber Hartz-IV-Beziehern gleich zu stellen seien.
Viel wichtiger sei aber wahrscheinlich
eine Tatsache wie die, dass auch die Menschen in ärmeren Ländern inzwischen
viel stärker über neue Medien und durch Smartphones vernetzt seien und sich
informieren und austauschen könnten - über die Möglichkeiten, die es gebe, dem
Elend zu entkommen. Die Welt werde so zum sprichwörtlichen globalen Dorf.
Gleichzeitig hätte man sich in Europa
und in Deutschland seit vielen Jahren bzw. seit Jahrzehnten auf den Weg
begeben, in einer Welt ohne Abschottung und ohne strenge Grenzkontrollen zu
leben. Das Schengen-Abkommen sei mehr als dreißig Jahre alt. Der Fall des
Eisernen Vorhangs liege inzwischen auch schon ein gutes Vierteljahrhundert
zurück.
Das alles habe den Menschen ein mehr
an Reisefreiheit, an wirtschaftlichen Möglichkeiten und an Lebensqualität
beschert, das wohl keiner missen wolle. Wer könne sich noch vorstellen, dass
zum Beispiel auf dem Weg zwischen unseren heutigen Partnerstädten Bolbec und
Wałcz vor Jahrzehnten noch drei Grenzen zu überwinden waren - so man denn
den richtigen Pass hatte und sie überhaupt überqueren durfte.
Insofern habe die Bundeskanzlerin
Recht, wenn sie darauf hinweist, dass es keine Möglichkeit darstelle, sich
Illusionen über ein einzäunbares Land hinzugeben. Gleichwohl werde man
natürlich die Erwartung haben, dass der Staat geltendes Recht wie etwa das
Aufenthaltsrecht auch tatsächlich vollziehen könne, und dass wir wieder zu
geregelten Verhältnissen kommen. Diese Herausforderung müsse der Staat meistern
und die Kommunen seien in vielerlei Hinsicht an der Bewältigung der Situation
beteiligt.
Es spreche aus seiner Sicht vieles
dafür, dieses mit Augenmaß und Vernunft zu tun, aber auch mit Menschlichkeit
und dem notwendigen Optimismus. Wir wollten und wir könnten helfen, und wir würden
auch die Chancen sehen, die die Zuwanderung darstellen könne, wenn jetzt das
Richtige getan werde.
Sehr viele Haupt- wie Ehrenamtliche würden
zurzeit Tag und Nacht dafür arbeiten. Gerade heute Vormittag habe hier im
Dorfgemeinschaftshaus in Rabber mit Unterstützung der Volkshochschule ein
Sprachkurs begonnen.
Allen, die sich derzeit so sehr
engagieren, den Kolleginnen und Kollegen in den Behörden, den
Hilfsorganisationen, Kirchen, Vereinen, Verbänden und ganz besonders den
ehrenamtlichen Helfern spricht der Bürgermeister seinen ausdrücklichen Dank für
ihren großen Einsatz aus.
Bislang habe man in der Gemeinde Bad
Essen von der derzeit stattfindenden Zuwanderung vielleicht noch nicht so viel
gespürt. Dieses habe unterschiedliche Gründe. Beginnend damit, dass
Niedersachsen zunächst weniger Flüchtlinge aufgenommen habe als andere
Bundesländer. Vor allem aber wirke sich aus, dass die Gemeinden im Landkreis
Osnabrück aufgrund der Anrechnung der Erstaufnahmeeinrichtung in
Bramsche-Hesepe bislang deutlich weniger Zuweisungen bekommen hätten als
vergleichbare Kommunen in anderen Landkreisen.
Aber auch diese Regelung stehe derzeit
auf dem Prüfstand. Je größer der Aufnahmedruck insgesamt werde, umso mehr würden
alle Möglichkeiten genutzt werden müssen.
Im Rahmen der Jugendhilfe würden seit
der vergangenen Woche sechs unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Syrien
und Afghanistan durch einen privaten Träger auf dem Gelände des Hauses
Sonnenwinkel auf dem Essenerberg betreut. Vier weitere kämen in der nächsten
Woche hinzu. Die Kapazität von zehn Personen sei hier auch weiterhin
vorgesehen.
Die Jugendlichen blieben hier zunächst
zur psychologischen Betreuung und zum Sprachunterricht für drei bis sechs
Monate und würden anschließend, sofern sich keine Verwandten gefunden haben, in
normale Einrichtungen der Jugendhilfe gehen, etwa in Wohngruppen.
Das Thema der unbegleiteten
Minderjährigen stelle also noch einmal einen Sonderfall bei der
Flüchtlingsthematik dar, der durch die Einrichtung auf dem Essenerberg also
auch die Gemeinde Bad Essen betreffe. Die Jugendlichen seien bisher
hauptsächlich in größeren Städten gelandet, infolge einer gesetzlichen
Anpassung würden sie künftig aber auch auf alle Jugendämter entsprechend dem
sogenannten "Königsteiner Schlüssel" verteilt werden.
Von den regulären Flüchtlingen und
Asylbewerbern, seien derzeit in der Unterkunft in Rabber 29 Personen
untergebracht. Sechs weitere Personen seien für die kommende Woche avisiert.
Dann werde die Unterkunft voll belegt sein. Als nächstes könne dann die
gemeindeeigene Wohnung auf dem Dorfgemeinschaftshaus in Wittlage belegt werden.
Für die dann noch fehlenden Plätze bis
zur Erfüllung der aktuell geltenden Quote von 49 Personen für die Gemeinde Bad
Essen seien verschiedene Objekte auf dem Mietwohnungsmarkt in Augenschein
genommen worden. Hier stünden erste Vertragsabschlüsse unmittelbar bevor.
Eine Erhöhung der Quote sei jedoch
bereits angekündigt. Die genauen Zahlen seien noch nicht bekannt und ließen
sich derzeit nur schwer abschätzen. Die Gemeinde solle sich jedoch vorsorglich
darauf einrichten, dass in etwa noch mal so viele Personen, also weitere rund
50 Menschen, bis zum Jahreswechsel zu uns kommen könnten.
Aus diesem Grund gelte unverändert
oder sogar mehr denn je das, worauf in den zurückliegenden Wochen bereits
mehrfach hingewiesen worden sei: Die Gemeinde Bad Essen bittet die Haus- und
Wohnungseigentümer freie Wohnungen an die Gemeinde zu melden. Ansprechpartnerin
im Rathaus ist ab sofort Frau Silke Bulthaup.
Gesucht werde dezentral in allen
Ortsteilen nach individuellem Mietraum. Eine dezentrale Unterbringung sei im
Sinne der Integration aus Sicht der Verwaltung der richtige Ansatz. Daran solle
so lange wie möglich festgehalten werden. Mieter der Wohnungen sei die Gemeinde
Bad Essen, die die Wohnung nach Ablauf des Mietverhältnisses renoviert
zurückgeben werde. Selbstverständlich werde seitens der Verwaltung auch der
Mietwohnungsmarkt beobachtet und potenzielle Vermieter gezielt angesprochen. Unterstützung
erhalte die Verwaltung dabei von den Ortschaften. Sein Dank gelte den Ortsbürgermeisterinnen
und Ortsbürgermeister sowie den Ortsvorstehern.
Aus den aufgezeigten Gründen sei zu
erwarten, dass die Gemeinde Bad Essen auch im kommenden Jahr und darüber hinaus
intensiv mit der Aufnahme und Integration von Zuwanderern betraut sein werden.
Auch weitergehende Themen wie der soziale Wohnungsbau würden dann womöglich ein
Thema sein.
Um sich für die große Aufgabe der
Migrationsarbeit gut aufzustellen, strebten die Gemeinden Bad Essen, Bohmte und
Ostercappeln in bewährter
Weise auch in dieser Angelegenheit eine enge Zusammenarbeit im Wittlager Land
an. Die Inhalte seien in dem beigefügten Konzept in der Vorlage zu diesem
Tagesordnungspunkt dargestellt.
Das gemeinsame Ziel sei es, Strukturen
zu schaffen, um die zu erwartende Ankunft von Menschen in den drei Gemeinden
möglichst gut zu bewältigen und Integration zu ermöglichen. Die Idee sei, die Bereiche Verwaltung,
Flüchtlingssozialarbeit und Wohnraummanagement für das Wittlager Land an einem
neuen, zentralen Standort zu bündeln - und das mit zusätzlichem Personal, das
natürlich angesichts der wachsenden Aufgaben auch ohne die interkommunale
Zusammenarbeit in den einzelnen Gemeinden benötigt würde.
Der Bürgermeister äußert seine
Überzeugung, dass die anstehenden Herausforderungen durch diese Bündelung
besser und effizienter zu leisten seien. Gleichzeitig würden die Kolleginnen
und Kollegen in den Rathäusern entlastet und könnten sich wieder mit ganzer
Kraft ihren Kernaufgaben zuwenden.
Vorgesehen sei zunächst die Schaffung
von drei Stellen. Die Gemeinde Bad Essen werde eine Mitarbeiterin bzw. einen
Mitarbeiter für den Bereich der Sachbearbeitung des Leistungsbezugs einstellen.
Der Verwaltungsausschuss habe dieses in seiner heutigen Sitzung auch so
beschlossen. Die Gemeinde Bohmte übernehme den Part Flüchtlingssozialarbeit,
dieses ggf. durch Beauftragung eines freien Trägers. Und die Gemeinde
Ostercappeln werde den Bereich Wohnraummanagement übernehmen.
Alle drei sollten ab dem 1. Januar
2016 an einem zentralen Ort zusammen arbeiten. Die Suche nach geeigneten
Räumlichkeiten laufe noch. Ob mittel- und längerfristig die drei
Personalstellen ausreichen, müsse sicherlich abgewartet werden. Die nötigen
Beschlüsse zu der dargestellten interkommunalen Zusammenarbeit müssten die
Gemeinderäte im Dezember fassen.
Bis dahin seien noch verschiedene vertragliche Details abzuklären.
Heute gehe es um den
Grundsatzbeschluss, mit dem die Richtung zur Zusammenarbeit einschlagen werden
solle. Bürgermeister Natemeyer bittet um die Zustimmung der Ratsmitglieder, um
die vor uns liegenden Aufgaben gut gerüstet angehen zu können.
Ratsfrau Matthey bekräftigt, dass die
Gemeinde Bad Essen ihrer Aufgabe zur Unterbringung der Flüchtlinge auf
kommunaler Ebene gerecht werden müsse. Dazu müssten alle Kräfte gebündelt
werden. Ihr Dank gelte den ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern.
Abstimmungsergebnis:
einstimmig