Beschluss:

 

Der Rat der Gemeinde Bad Essen befürwortet die auf der Grundlage des beigefügten Konzepts angedachte gemeinsame Vorgehensweise der Gemeinden Bad Essen, Bohmte und Ostercappeln bei der Unterbringung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen im Wittlager Land und beauftragt die Verwaltung mit der weiteren Ausarbeitung. Es wird angestrebt die erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen im Dezember 2015 im Rat zu beschließen.


Bürgermeister Natemeyer erläutert den Sachverhalt.

 

In den vergangenen Jahren und Monaten, insbesondere aber seit dem Sommer 2015, sei die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, extrem gestiegen. In den Medien werde darüber täglich ausführlich berichtet.

 

Diese Entwicklung habe ihre Ursache natürlich zu allererst in Kriegen und Konflikten in den Heimatländern der Migranten. Auch über andere Faktoren sei vielfach diskutiert worden. Sie mögen eine gewisse Rolle bei diesem Anstieg spielen, etwa gesetzliche Änderungen, z.B. in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2012, wonach Asylbewerber Hartz-IV-Beziehern gleich zu stellen seien.

 

Viel wichtiger sei aber wahrscheinlich eine Tatsache wie die, dass auch die Menschen in ärmeren Ländern inzwischen viel stärker über neue Medien und durch Smartphones vernetzt seien und sich informieren und austauschen könnten - über die Möglichkeiten, die es gebe, dem Elend zu entkommen. Die Welt werde so zum sprichwörtlichen globalen Dorf.

 

Gleichzeitig hätte man sich in Europa und in Deutschland seit vielen Jahren bzw. seit Jahrzehnten auf den Weg begeben, in einer Welt ohne Abschottung und ohne strenge Grenzkontrollen zu leben. Das Schengen-Abkommen sei mehr als dreißig Jahre alt. Der Fall des Eisernen Vorhangs liege inzwischen auch schon ein gutes Vierteljahrhundert zurück.

 

Das alles habe den Menschen ein mehr an Reisefreiheit, an wirtschaftlichen Möglichkeiten und an Lebensqualität beschert, das wohl keiner missen wolle. Wer könne sich noch vorstellen, dass zum Beispiel auf dem Weg zwischen unseren heutigen Partnerstädten Bolbec und Wałcz vor Jahrzehnten noch drei Grenzen zu überwinden waren - so man denn den richtigen Pass hatte und sie überhaupt überqueren durfte.

 

Insofern habe die Bundeskanzlerin Recht, wenn sie darauf hinweist, dass es keine Möglichkeit darstelle, sich Illusionen über ein einzäunbares Land hinzugeben. Gleichwohl werde man natürlich die Erwartung haben, dass der Staat geltendes Recht wie etwa das Aufenthaltsrecht auch tatsächlich vollziehen könne, und dass wir wieder zu geregelten Verhältnissen kommen. Diese Herausforderung müsse der Staat meistern und die Kommunen seien in vielerlei Hinsicht an der Bewältigung der Situation beteiligt.

 

Es spreche aus seiner Sicht vieles dafür, dieses mit Augenmaß und Vernunft zu tun, aber auch mit Menschlichkeit und dem notwendigen Optimismus. Wir wollten und wir könnten helfen, und wir würden auch die Chancen sehen, die die Zuwanderung darstellen könne, wenn jetzt das Richtige getan werde.

 

Sehr viele Haupt- wie Ehrenamtliche würden zurzeit Tag und Nacht dafür arbeiten. Gerade heute Vormittag habe hier im Dorfgemeinschaftshaus in Rabber mit Unterstützung der Volkshochschule ein Sprachkurs begonnen.

 

Allen, die sich derzeit so sehr engagieren, den Kolleginnen und Kollegen in den Behörden, den Hilfsorganisationen, Kirchen, Vereinen, Verbänden und ganz besonders den ehrenamtlichen Helfern spricht der Bürgermeister seinen ausdrücklichen Dank für ihren großen Einsatz aus.

 

Bislang habe man in der Gemeinde Bad Essen von der derzeit stattfindenden Zuwanderung vielleicht noch nicht so viel gespürt. Dieses habe unterschiedliche Gründe. Beginnend damit, dass Niedersachsen zunächst weniger Flüchtlinge aufgenommen habe als andere Bundesländer. Vor allem aber wirke sich aus, dass die Gemeinden im Landkreis Osnabrück aufgrund der Anrechnung der Erstaufnahmeeinrichtung in Bramsche-Hesepe bislang deutlich weniger Zuweisungen bekommen hätten als vergleichbare Kommunen in anderen Landkreisen.

 

Aber auch diese Regelung stehe derzeit auf dem Prüfstand. Je größer der Aufnahmedruck insgesamt werde, umso mehr würden alle Möglichkeiten genutzt werden müssen.

 

Im Rahmen der Jugendhilfe würden seit der vergangenen Woche sechs unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan durch einen privaten Träger auf dem Gelände des Hauses Sonnenwinkel auf dem Essenerberg betreut. Vier weitere kämen in der nächsten Woche hinzu. Die Kapazität von zehn Personen sei hier auch weiterhin vorgesehen.

 

Die Jugendlichen blieben hier zunächst zur psychologischen Betreuung und zum Sprachunterricht für drei bis sechs Monate und würden anschließend, sofern sich keine Verwandten gefunden haben, in normale Einrichtungen der Jugendhilfe gehen, etwa in Wohngruppen.

 

Das Thema der unbegleiteten Minderjährigen stelle also noch einmal einen Sonderfall bei der Flüchtlingsthematik dar, der durch die Einrichtung auf dem Essenerberg also auch die Gemeinde Bad Essen betreffe. Die Jugendlichen seien bisher hauptsächlich in größeren Städten gelandet, infolge einer gesetzlichen Anpassung würden sie künftig aber auch auf alle Jugendämter entsprechend dem sogenannten "Königsteiner Schlüssel" verteilt werden.

 

Von den regulären Flüchtlingen und Asylbewerbern, seien derzeit in der Unterkunft in Rabber 29 Personen untergebracht. Sechs weitere Personen seien für die kommende Woche avisiert. Dann werde die Unterkunft voll belegt sein. Als nächstes könne dann die gemeindeeigene Wohnung auf dem Dorfgemeinschaftshaus in Wittlage belegt werden.

 

Für die dann noch fehlenden Plätze bis zur Erfüllung der aktuell geltenden Quote von 49 Personen für die Gemeinde Bad Essen seien verschiedene Objekte auf dem Mietwohnungsmarkt in Augenschein genommen worden. Hier stünden erste Vertragsabschlüsse unmittelbar bevor.

 

Eine Erhöhung der Quote sei jedoch bereits angekündigt. Die genauen Zahlen seien noch nicht bekannt und ließen sich derzeit nur schwer abschätzen. Die Gemeinde solle sich jedoch vorsorglich darauf einrichten, dass in etwa noch mal so viele Personen, also weitere rund 50 Menschen, bis zum Jahreswechsel zu uns kommen könnten.

 

Aus diesem Grund gelte unverändert oder sogar mehr denn je das, worauf in den zurückliegenden Wochen bereits mehrfach hingewiesen worden sei: Die Gemeinde Bad Essen bittet die Haus- und Wohnungseigentümer freie Wohnungen an die Gemeinde zu melden. Ansprechpartnerin im Rathaus ist ab sofort Frau Silke Bulthaup.

 

Gesucht werde dezentral in allen Ortsteilen nach individuellem Mietraum. Eine dezentrale Unterbringung sei im Sinne der Integration aus Sicht der Verwaltung der richtige Ansatz. Daran solle so lange wie möglich festgehalten werden. Mieter der Wohnungen sei die Gemeinde Bad Essen, die die Wohnung nach Ablauf des Mietverhältnisses renoviert zurückgeben werde. Selbstverständlich werde seitens der Verwaltung auch der Mietwohnungsmarkt beobachtet und potenzielle Vermieter gezielt angesprochen. Unterstützung erhalte die Verwaltung dabei von den Ortschaften. Sein Dank gelte den Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister sowie den Ortsvorstehern.

 

Aus den aufgezeigten Gründen sei zu erwarten, dass die Gemeinde Bad Essen auch im kommenden Jahr und darüber hinaus intensiv mit der Aufnahme und Integration von Zuwanderern betraut sein werden. Auch weitergehende Themen wie der soziale Wohnungsbau würden dann womöglich ein Thema sein.

 

Um sich für die große Aufgabe der Migrationsarbeit gut aufzustellen, strebten die Gemeinden Bad Essen, Bohmte und Ostercappeln in bewährter Weise auch in dieser Angelegenheit eine enge Zusammenarbeit im Wittlager Land an. Die Inhalte seien in dem beigefügten Konzept in der Vorlage zu diesem Tagesordnungspunkt dargestellt.

 

Das gemeinsame Ziel sei es, Strukturen zu schaffen, um die zu erwartende Ankunft von Menschen in den drei Gemeinden möglichst gut zu bewältigen und Integration zu ermöglichen. Die Idee sei, die Bereiche Verwaltung, Flüchtlingssozialarbeit und Wohnraummanagement für das Wittlager Land an einem neuen, zentralen Standort zu bündeln - und das mit zusätzlichem Personal, das natürlich angesichts der wachsenden Aufgaben auch ohne die interkommunale Zusammenarbeit in den einzelnen Gemeinden benötigt würde.

 

Der Bürgermeister äußert seine Überzeugung, dass die anstehenden Herausforderungen durch diese Bündelung besser und effizienter zu leisten seien. Gleichzeitig würden die Kolleginnen und Kollegen in den Rathäusern entlastet und könnten sich wieder mit ganzer Kraft ihren Kernaufgaben zuwenden.

 

Vorgesehen sei zunächst die Schaffung von drei Stellen. Die Gemeinde Bad Essen werde eine Mitarbeiterin bzw. einen Mitarbeiter für den Bereich der Sachbearbeitung des Leistungsbezugs einstellen. Der Verwaltungsausschuss habe dieses in seiner heutigen Sitzung auch so beschlossen. Die Gemeinde Bohmte übernehme den Part Flüchtlingssozialarbeit, dieses ggf. durch Beauftragung eines freien Trägers. Und die Gemeinde Ostercappeln werde den Bereich Wohnraummanagement übernehmen.

 

Alle drei sollten ab dem 1. Januar 2016 an einem zentralen Ort zusammen arbeiten. Die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten laufe noch. Ob mittel- und längerfristig die drei Personalstellen ausreichen, müsse sicherlich abgewartet werden. Die nötigen Beschlüsse zu der dargestellten interkommunalen Zusammenarbeit müssten die Gemeinderäte im Dezember fassen. Bis dahin seien noch verschiedene vertragliche Details abzuklären.

 

Heute gehe es um den Grundsatzbeschluss, mit dem die Richtung zur Zusammenarbeit einschlagen werden solle. Bürgermeister Natemeyer bittet um die Zustimmung der Ratsmitglieder, um die vor uns liegenden Aufgaben gut gerüstet angehen zu können.

 

Ratsfrau Matthey bekräftigt, dass die Gemeinde Bad Essen ihrer Aufgabe zur Unterbringung der Flüchtlinge auf kommunaler Ebene gerecht werden müsse. Dazu müssten alle Kräfte gebündelt werden. Ihr Dank gelte den ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern.

 


Abstimmungsergebnis:

einstimmig