Sitzung: 08.03.2018 Rat der Gemeinde Bad Essen
Vorlage: BV/FD3/2018/022
Beschluss 1)
Der Rat beschließt:
- Ein Abbruch des Speichers ist von der Verwaltung vorzubereiten.
- Der Sieger im Architektenwettbewerb „Wohnen am Wasser“ wird beauftragt, das weitere Überplanen des Geländes westlich der Marina zu prüfen.
- Der Stellerin der Bauvoranfrage wird Gelegenheit gegeben, dem Rat der Gemeinde, den Mitgliedern der Parteien und Gruppen ihre Vorstellungen vorzutragen.
Beschluss 2)
- Der Rückbau des Speichers ist von der Verwaltung
unverzüglich zu planen und umzusetzen.
- Die Verwaltung wird beauftragt, einen
architektonischen Wettbewerb auszuschreiben, die daraus ggfs. notwendigen
Änderungen im städtebaulichen Rahmenplan zu prüfen und zu veranlassen.
Ratsvorsitzende
Gottlieb erläutert, dass sich Rat und Verwaltung über viele Jahre mit dem
Sanierungsgebiet und insbesondere mit dem Speicher befasst hätten. Der
Verwaltungsausschuss habe letztlich in seiner Sitzung am 15.02.2018 den
Beschluss zum Abriss des Gebäudes gefasst. Das Thema werde durch ein hohes
mediales Interesse begleitet und sie bitte darum, dass die nachfolgende
Diskussion genauso sachlich verlaufen möge, wie das in den bisherigen
Gremiensitzungen der Fall gewesen sei.
Ratsherr Dr. Lücht
erläutert den Beschlussvorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Aus seiner
Sicht sei mit dem Beschluss des Verwaltungsausschusses zum Abbruch des
Speichers der zweite Schritt vor dem Ersten gemacht worden. Es lägen noch keine
Planungen für die Zeit nach dem Speicher vor. Wenn das Gebäude entfernt würde,
würde an der Stelle eine Brachfläche entstehen, die aufgrund von Sand- und
Staubemissionen Nachteile für die Bootseigentümer in der benachbarten Marina
mit sich bringen würden. Zudem werde der jetzt schon festzustellende
Vandalismus in diesem Gebiet weiter zunehmen, da die betreffenden Personen
zukünftig bereits frühzeitig erkennen könnten, wenn sich Personen dem
Marinagelände von Westen her nähern würden.
Ratsherr
Kleine-Heitmeyer bestätigt, dass das Thema in der Vergangenheit kontrovers,
aber immer auch sachlich diskutiert worden sei. Die Zukunft des Speichers
bewege die Gremien der Gemeinde bereits seit längerer Zeit. Auf die Argumente
seines Vorredners erwidert er, dass Sandverwehungen bereits heute, mit
Speichergebäude, auftreten würden. Der Vandalismus habe sich in den vergangenen
Monaten zudem gerade im Schatten des Gebäudes entwickelt.
Rat und Verwaltung
hätten das Sanierungsverfahren über Jahre begleitet. Er erinnert daran, dass
sich auf dem Gelände vor Beginn des Sanierungsverfahrens eine
unansehnliche Industriebrache befunden
habe. Insofern gelte es festzuhalten, dass im Laufe des Verfahrens bereits sehr
viel erreicht worden sei. Mit dem „Wohnen am Wasser“ und der „Marina Bad Essen“
seien zwei Säulen des Sanierungsverfahrens erfolgreich umgesetzt worden.
Lediglich für die Um- und Nachnutzung des Speichers habe sich keine Lösung
finden lassen. Er zählt die verschiedenen Investoren auf, die sich mit diesem
Projekt befasst hätten und allesamt gescheitert seien. Das Thema sei auch
innerhalb der Ratsfraktionen kontrovers diskutiert worden. Die CDU-Fraktion
habe bereits im Herbst 2016 in einer Stellungnahme festgestellt, dass der
Abbruch des Gebäudes anstehe, wenn kein Investor für die Sanierung gefunden
werden könne. Dies sei dann im Verwaltungsausschuss im Februar 2017 auch
fraktionsübergreifender Konsens gewesen. Von einem übereilten Beschluss könne
vor diesem Hintergrund keine Rede sein. Er halt das weitere Warten auf einen
möglichen Investor für sinnlos. Die Erfahrung habe gelehrt, dass es keinen
Investor für den Speicher geben werde. Die Gemeinde Bad Essen müsse unbedingt
Herr des Verfahrens bleiben und die Entwicklung an dem Standort selbst
bestimmen können. Es sei jetzt an der Zeit zu handeln. Die bestehenden Probleme
dürften nicht auf nachfolgende Generationen verlagert werden.
Ratsfrau Matthey
stellt fest, dass sich die Gruppe SPD/FDP/Bündnis C dem Beschlussvorschlag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen anschließen werde. Sie sei traurig, dass sich
alle Planungen zum Speicher bislang nicht hätten umsetzen lassen. Vielleicht
hätte man zwischenzeitlich auch mal in eine andere Richtung denken müssen und
an dem Standort nicht unbedingt eine Wohn- und Gewerbenutzung umsetzen müssen.
Aus ihrer Sicht sollten in jedem Fall erst die Planungen für eine Nachfolgenutzung
abgeschlossen werden, bevor der Speicher abgebrochen werde. Der Abbruch könne
ohne weiteres parallel zu den Planungen vorbereitet, aber noch nicht vollzogen
werden. Alle Möglichkeiten zum Erhalt des Gebäudes sollten geprüft werden. Die
Zukunft des Speichers werde auch in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.
Es gelte, eine gute Lösung zu finden, die auch für die Zukunft Bestand habe. Es
gebe zahlreiche Beispiele dafür, dass Gebäude abgebrochen worden seien, denen
man heute nachweine.
Ratsherr Haasis
spricht sich ebenfalls für den Erhalt des Speichers aus. Ihm gehe der Beschluss
zum umgehenden Abbruch des Gebäudes zu schnell. Andere historische Gebäude, wie
zum Beispiel die Burg Wittlage, würden ja auch nicht abgerissen werden, nur
weil sie zeitweise nicht genutzt würden. Mit dem Abriss würde ein historisches
Gebäude vernichtet werden. Er sei sich sicher, dass eine vollständige oder
teilweise Nachnutzung des Speichers in jedem Fall möglich sei. Vielleicht habe
man in der Vergangenheit nur die falschen Anforderungen gestellt. Die Anhörung
der jetzt interessierten Investorin sollte in jedem Fall abgewartet werden. Es
müsse alles dafür getan werden, das Gebäude zu erhalten. Der Abriss stelle für
ihn einen unerträglichen Gedanken dar.
Ratsherr Helms
stellt irritiert fest, dass die veröffentlichten Leserbriefe im Wittlager
Kreisblatt und im Lindenblatt den Anschein erwecken würden, als habe die
Diskussion um die Zukunft des Speichers erst jetzt begonnen. Ein Blick in das
Ratsinformationssystem der Gemeinde und die Suche nach dem Begriff „Speicher“
würden zu mehr als 250 Einträgen führen. Der Speicher sei ein stetiger
Begleiter der Beratungen der vergangenen Jahre gewesen, habe aber in der Zeit
nur sehr wenig öffentliche Beachtung gefunden. Bei anderen Themen wie B65,
Windenergie oder Rüttelstreifen habe er eine deutlich größere Rückmeldung aus
der Öffentlichkeit erhalten, mit zahlreichen Anrufen und E-Mails. Zum Speicher
sei dies nicht der Fall. Rat und Verwaltung hätten in den vergangenen Jahren
unendlich viele Gespräche geführt und mit Fachleuten verhandelt. Es seien
zahlreiche Möglichkeiten geprüft worden, auch zu Teilnutzungen oder gar
Anbauten am Speicher. Letztlich müsse festgestellt werden, dass das alles zu
keinem Ergebnis geführt habe. Es sei jetzt der Zeitpunkt gekommen, den nächsten
Schritt zu gehen. Er persönlich sei sehr gespannt auf das Neue, das an dem
Standort entstehen könne.
Ratsfrau Eilers
weist darauf hin, dass der Antrag ihrer Fraktion auch den Abbruch des Speichers
mitdenken würde. Es habe bislang noch keine Diskussion in der Öffentlichkeit
zur Zukunft des Speichers stattgefunden. Diese könnte aus ihrer Sicht aber
hilfreich sein. Sie sei ebenfalls der Meinung, dass man ein totes Pferd nicht
wiederbeleben könne. Aus ihrer Sicht sollte aber eine Lösung bedacht werden,
bei der keine Investorenrendite von 25% und keine Wohnnutzung im Fokus stünden.
Ratsherr
Kirstein-Bloem hält den Antrag der CDU-Fraktion für übereilten Aktionismus. Es
sollten zunächst die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbes abgewartet
werden, bevor über einen Abbruch des Speichers beschlossen werde. Eine reine
Wohnbebauung würde dem Anspruch der Lage am Mittellandkanal sicher nicht
gerecht werden.
Ratsherr Spethmann
berichtet, dass er die Entwicklung rund um das Sanierungsverfahren von Beginn
an begleitet habe. Bereits vor mehr als zehn Jahren hätten sich die
Ratsmitglieder die sanierten Kornspeicher in Münster angeschaut. Seither sei
vieles versucht worden und viel Herzblut in die Zukunft des Speichers
investiert worden. Letztlich seien dem Rat immer wieder schöne Konzepte
vorgestellt worden, die aber nie umgesetzt worden seien. Bereits bei der
Verkaufsentscheidung an den Investor Steinemann seien sich alle Fraktionen
darüber einig gewesen, dass dies der letzte Versuch sein sollte. Das weitere
Warten auf den Märchenprinzen, der den Speicher rettet, sei sinnlos. Manchmal
sei ein Ende mit Schrecken eben besser als ein Schrecken ohne Ende. Die Planung
für die Nachfolgenutzung des Geländes sollte parallel zur Abbruchplanung erfolgen.
Den Architekten und Investoren sei an die Hand zu geben, das Gelände ohne den
Speicher zu überplanen.
Bürgermeister
Natemeyer hält fest, dass der Speicher über Jahre ein kommunales Thema gewesen
sei. Das Gebäude sollte aus seiner Sicht als Landmarke erhalten bleiben. An
diesem Ziel hätten alle gearbeitet. Der Ansatz sei dabei immer eine Wohnnutzung
gewesen. Damit sei man einige Male auf die Nase gefallen. Aus diesen
Erfahrungen heraus könne man sicherlich nicht so weitermachen wie bisher. Auch
der Erhalt des Speichers sei dabei zu hinterfragen. Es stelle sich jetzt die
Frage, wie man mit dem Thema weiter umgehen solle. Aus seiner Sicht sei es
wichtig, zu wissen was nach dem Speicher kommen solle. Vielleicht müsse die
Nutzung des Gebäudes ganz neu gedacht werden und dabei berücksichtigt werden,
welche Bedeutung das Gebäude für die Gemeinde Bad Essen habe. Wäre es evtl.
möglich, eine andere Nutzung für das Gebäude zu denken? Diesen Überlegungen
würde durch den Beschluss zum umgehenden Abbruch des Speichers vorgegriffen.
Ratsherr
Kleine-Heitmeyer stellt fest, dass der Beschlussvorschlag der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen inkonsequent sei. Den Abriss vorzubereiten, um den Speicher
anschließend doch noch zu erhalten, gehe nicht zusammen.
Ratsherr Bornhorst
weist darauf hin, dass der Antrag auch eine Planung ohne den Speicher zulassen
würde.
Nachdem keine
weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, stellt die Vorsitzende zunächst den
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und anschließend den Antrag der
CDU-Fraktion zur Abstimmung.
Abstimmungsergebnis zu 1):
Ja: |
15 |
Nein: |
17 |
Enthaltung: |
0 |
Abstimmungsergebnis
zu 2)
Ja: |
17 |
Nein: |
15 |
Enthaltung: |
0 |