Beschluss 1)

Der Rat beschließt:

 

  1. Ein Abbruch des Speichers ist von der Verwaltung vorzubereiten.
  2. Der Sieger im Architektenwettbewerb „Wohnen am Wasser“ wird beauftragt, das weitere Überplanen des Geländes westlich der Marina zu prüfen.
  3. Der Stellerin der Bauvoranfrage wird Gelegenheit gegeben, dem Rat der Gemeinde, den Mitgliedern der Parteien und Gruppen ihre Vorstellungen vorzutragen.

 

Beschluss 2)

 

  1. Der Rückbau des Speichers ist von der Verwaltung unverzüglich zu planen und umzusetzen.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, einen architektonischen Wettbewerb auszuschreiben, die daraus ggfs. notwendigen Änderungen im städtebaulichen Rahmenplan zu prüfen und zu veranlassen.

 

 


Ratsvorsitzende Gottlieb erläutert, dass sich Rat und Verwaltung über viele Jahre mit dem Sanierungsgebiet und insbesondere mit dem Speicher befasst hätten. Der Verwaltungsausschuss habe letztlich in seiner Sitzung am 15.02.2018 den Beschluss zum Abriss des Gebäudes gefasst. Das Thema werde durch ein hohes mediales Interesse begleitet und sie bitte darum, dass die nachfolgende Diskussion genauso sachlich verlaufen möge, wie das in den bisherigen Gremiensitzungen der Fall gewesen sei.

 

Ratsherr Dr. Lücht erläutert den Beschlussvorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Aus seiner Sicht sei mit dem Beschluss des Verwaltungsausschusses zum Abbruch des Speichers der zweite Schritt vor dem Ersten gemacht worden. Es lägen noch keine Planungen für die Zeit nach dem Speicher vor. Wenn das Gebäude entfernt würde, würde an der Stelle eine Brachfläche entstehen, die aufgrund von Sand- und Staubemissionen Nachteile für die Bootseigentümer in der benachbarten Marina mit sich bringen würden. Zudem werde der jetzt schon festzustellende Vandalismus in diesem Gebiet weiter zunehmen, da die betreffenden Personen zukünftig bereits frühzeitig erkennen könnten, wenn sich Personen dem Marinagelände von Westen her nähern würden.

 

Ratsherr Kleine-Heitmeyer bestätigt, dass das Thema in der Vergangenheit kontrovers, aber immer auch sachlich diskutiert worden sei. Die Zukunft des Speichers bewege die Gremien der Gemeinde bereits seit längerer Zeit. Auf die Argumente seines Vorredners erwidert er, dass Sandverwehungen bereits heute, mit Speichergebäude, auftreten würden. Der Vandalismus habe sich in den vergangenen Monaten zudem gerade im Schatten des Gebäudes entwickelt.

 

Rat und Verwaltung hätten das Sanierungsverfahren über Jahre begleitet. Er erinnert daran, dass sich auf dem Gelände vor Beginn des Sanierungsverfahrens eine unansehnliche  Industriebrache befunden habe. Insofern gelte es festzuhalten, dass im Laufe des Verfahrens bereits sehr viel erreicht worden sei. Mit dem „Wohnen am Wasser“ und der „Marina Bad Essen“ seien zwei Säulen des Sanierungsverfahrens erfolgreich umgesetzt worden. Lediglich für die Um- und Nachnutzung des Speichers habe sich keine Lösung finden lassen. Er zählt die verschiedenen Investoren auf, die sich mit diesem Projekt befasst hätten und allesamt gescheitert seien. Das Thema sei auch innerhalb der Ratsfraktionen kontrovers diskutiert worden. Die CDU-Fraktion habe bereits im Herbst 2016 in einer Stellungnahme festgestellt, dass der Abbruch des Gebäudes anstehe, wenn kein Investor für die Sanierung gefunden werden könne. Dies sei dann im Verwaltungsausschuss im Februar 2017 auch fraktionsübergreifender Konsens gewesen. Von einem übereilten Beschluss könne vor diesem Hintergrund keine Rede sein. Er halt das weitere Warten auf einen möglichen Investor für sinnlos. Die Erfahrung habe gelehrt, dass es keinen Investor für den Speicher geben werde. Die Gemeinde Bad Essen müsse unbedingt Herr des Verfahrens bleiben und die Entwicklung an dem Standort selbst bestimmen können. Es sei jetzt an der Zeit zu handeln. Die bestehenden Probleme dürften nicht auf nachfolgende Generationen verlagert werden.

 

Ratsfrau Matthey stellt fest, dass sich die Gruppe SPD/FDP/Bündnis C dem Beschlussvorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen anschließen werde. Sie sei traurig, dass sich alle Planungen zum Speicher bislang nicht hätten umsetzen lassen. Vielleicht hätte man zwischenzeitlich auch mal in eine andere Richtung denken müssen und an dem Standort nicht unbedingt eine Wohn- und Gewerbenutzung umsetzen müssen. Aus ihrer Sicht sollten in jedem Fall erst die Planungen für eine Nachfolgenutzung abgeschlossen werden, bevor der Speicher abgebrochen werde. Der Abbruch könne ohne weiteres parallel zu den Planungen vorbereitet, aber noch nicht vollzogen werden. Alle Möglichkeiten zum Erhalt des Gebäudes sollten geprüft werden. Die Zukunft des Speichers werde auch in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Es gelte, eine gute Lösung zu finden, die auch für die Zukunft Bestand habe. Es gebe zahlreiche Beispiele dafür, dass Gebäude abgebrochen worden seien, denen man heute nachweine.

 

Ratsherr Haasis spricht sich ebenfalls für den Erhalt des Speichers aus. Ihm gehe der Beschluss zum umgehenden Abbruch des Gebäudes zu schnell. Andere historische Gebäude, wie zum Beispiel die Burg Wittlage, würden ja auch nicht abgerissen werden, nur weil sie zeitweise nicht genutzt würden. Mit dem Abriss würde ein historisches Gebäude vernichtet werden. Er sei sich sicher, dass eine vollständige oder teilweise Nachnutzung des Speichers in jedem Fall möglich sei. Vielleicht habe man in der Vergangenheit nur die falschen Anforderungen gestellt. Die Anhörung der jetzt interessierten Investorin sollte in jedem Fall abgewartet werden. Es müsse alles dafür getan werden, das Gebäude zu erhalten. Der Abriss stelle für ihn einen unerträglichen Gedanken dar.

 

Ratsherr Helms stellt irritiert fest, dass die veröffentlichten Leserbriefe im Wittlager Kreisblatt und im Lindenblatt den Anschein erwecken würden, als habe die Diskussion um die Zukunft des Speichers erst jetzt begonnen. Ein Blick in das Ratsinformationssystem der Gemeinde und die Suche nach dem Begriff „Speicher“ würden zu mehr als 250 Einträgen führen. Der Speicher sei ein stetiger Begleiter der Beratungen der vergangenen Jahre gewesen, habe aber in der Zeit nur sehr wenig öffentliche Beachtung gefunden. Bei anderen Themen wie B65, Windenergie oder Rüttelstreifen habe er eine deutlich größere Rückmeldung aus der Öffentlichkeit erhalten, mit zahlreichen Anrufen und E-Mails. Zum Speicher sei dies nicht der Fall. Rat und Verwaltung hätten in den vergangenen Jahren unendlich viele Gespräche geführt und mit Fachleuten verhandelt. Es seien zahlreiche Möglichkeiten geprüft worden, auch zu Teilnutzungen oder gar Anbauten am Speicher. Letztlich müsse festgestellt werden, dass das alles zu keinem Ergebnis geführt habe. Es sei jetzt der Zeitpunkt gekommen, den nächsten Schritt zu gehen. Er persönlich sei sehr gespannt auf das Neue, das an dem Standort entstehen könne.

 

Ratsfrau Eilers weist darauf hin, dass der Antrag ihrer Fraktion auch den Abbruch des Speichers mitdenken würde. Es habe bislang noch keine Diskussion in der Öffentlichkeit zur Zukunft des Speichers stattgefunden. Diese könnte aus ihrer Sicht aber hilfreich sein. Sie sei ebenfalls der Meinung, dass man ein totes Pferd nicht wiederbeleben könne. Aus ihrer Sicht sollte aber eine Lösung bedacht werden, bei der keine Investorenrendite von 25% und keine Wohnnutzung im Fokus stünden.

 

Ratsherr Kirstein-Bloem hält den Antrag der CDU-Fraktion für übereilten Aktionismus. Es sollten zunächst die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbes abgewartet werden, bevor über einen Abbruch des Speichers beschlossen werde. Eine reine Wohnbebauung würde dem Anspruch der Lage am Mittellandkanal sicher nicht gerecht werden.

 

Ratsherr Spethmann berichtet, dass er die Entwicklung rund um das Sanierungsverfahren von Beginn an begleitet habe. Bereits vor mehr als zehn Jahren hätten sich die Ratsmitglieder die sanierten Kornspeicher in Münster angeschaut. Seither sei vieles versucht worden und viel Herzblut in die Zukunft des Speichers investiert worden. Letztlich seien dem Rat immer wieder schöne Konzepte vorgestellt worden, die aber nie umgesetzt worden seien. Bereits bei der Verkaufsentscheidung an den Investor Steinemann seien sich alle Fraktionen darüber einig gewesen, dass dies der letzte Versuch sein sollte. Das weitere Warten auf den Märchenprinzen, der den Speicher rettet, sei sinnlos. Manchmal sei ein Ende mit Schrecken eben besser als ein Schrecken ohne Ende. Die Planung für die Nachfolgenutzung des Geländes sollte parallel zur Abbruchplanung erfolgen. Den Architekten und Investoren sei an die Hand zu geben, das Gelände ohne den Speicher zu überplanen.

 

Bürgermeister Natemeyer hält fest, dass der Speicher über Jahre ein kommunales Thema gewesen sei. Das Gebäude sollte aus seiner Sicht als Landmarke erhalten bleiben. An diesem Ziel hätten alle gearbeitet. Der Ansatz sei dabei immer eine Wohnnutzung gewesen. Damit sei man einige Male auf die Nase gefallen. Aus diesen Erfahrungen heraus könne man sicherlich nicht so weitermachen wie bisher. Auch der Erhalt des Speichers sei dabei zu hinterfragen. Es stelle sich jetzt die Frage, wie man mit dem Thema weiter umgehen solle. Aus seiner Sicht sei es wichtig, zu wissen was nach dem Speicher kommen solle. Vielleicht müsse die Nutzung des Gebäudes ganz neu gedacht werden und dabei berücksichtigt werden, welche Bedeutung das Gebäude für die Gemeinde Bad Essen habe. Wäre es evtl. möglich, eine andere Nutzung für das Gebäude zu denken? Diesen Überlegungen würde durch den Beschluss zum umgehenden Abbruch des Speichers vorgegriffen.

 

Ratsherr Kleine-Heitmeyer stellt fest, dass der Beschlussvorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen inkonsequent sei. Den Abriss vorzubereiten, um den Speicher anschließend doch noch zu erhalten, gehe nicht zusammen.

 

Ratsherr Bornhorst weist darauf hin, dass der Antrag auch eine Planung ohne den Speicher zulassen würde. 

 

Nachdem keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, stellt die Vorsitzende zunächst den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und anschließend den Antrag der CDU-Fraktion zur Abstimmung.

 

 

 


Abstimmungsergebnis zu 1):

 

Ja:

15

Nein:

17

Enthaltung:

0

 

Abstimmungsergebnis zu 2)

 

Ja:

17

Nein:

15

Enthaltung:

0