Betreff
Änderung der Straßenreinigungssatzung und der Straßenreinigungsgebührensatzung
Vorlage
BV/FD2/2022/435
Aktenzeichen
67 10 01
Art
Beschlussvorlage

Zum 01.01.2021 hat die Gemeinde Bad Essen die Straßenreinigungsgebühren auf die Berechnung nach dem sog. Grundflächenmaßstab geändert. Gegen die anschließende Gebührenerhebung hat ein Grundstückseigentümer Klage beim Verwaltungsgericht Osnabrück eingelegt. Der Kläger ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstückes, dass von zwei Straßen erschlossen wird, die beide der Gebührenpflicht unterliegen. Nach dem bis 2020 geltenden Frontmetermaßstab war das Grundstück mit einer Gebühr von 76,80 € zur Straßenreinigung veranlagt worden. Nach dem Grundflächenmaßstab erhöhte sich die Gebühr auf 359,48 €. Verwaltungsseitig wurde das Grundstück dabei sowohl bei der Erhebung nach dem Frontmetermaßstab als auch nach dem Grundflächenmaßstab versehentlich nur für eine zu reinigende Straße veranlagt. Bei einer ordnungsgemäßen Veranlagung hätte die Straßenreinigungsgebühr ab dem Jahr 2021 demnach 718,96 € betragen.

 

Der Kläger hat insbesondere gerügt, dass das Fehlen einer sog. Kappungsgrenze für besonders große Grundstücke in der Satzung einen schwerwiegenden Fehler bedeute. Zudem dürfe sich die Höhe der Straßenreinigung nur auf den Teil seines Grundstückes beziehen, der als Gebäudefläche genutzt werde. Mithin dürfte für die landwirtschaftliche Fläche keine Straßenreinigungsgebühr erhoben werden.

 

Die Gemeinde hat beantragt, die Klage abzuweisen. Insbesondere sei durch Gesetz und Rechtsprechung eindeutig geregelt, dass es bei der Bemessung der Straßenreinigungsgebühr nicht auf die Art der Nutzung eines Grundstückes ankomme. Darüber hinaus sei eine Kappungsgrenze für besonders große Grundstücke im Kommunalabgabengesetz nicht verbindlich vorgeschrieben. Auch die Mustersatzung des Nds. Städtetages, die in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministerium erarbeitet wurde und somit den Willen des Gesetzgebers berücksichtigt, sehe keine Pflicht zur Einführung einer Kappungsgrenze vor. Dies sei auch durch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte im gesamten Bundesgebiet gedeckt.

 

Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat der Klage mit Urteil vom 28.09.2022 stattgegeben und die Straßenreinigungsgebührensatzung der Gemeinde Bad Essen vom 10.12.2020 für unwirksam erklärt. Das Gericht legt auf 48 Seiten dar, dass nach seiner Rechtsauffassung bei Anwendung des Grundflächenmaßstabes eine besondere Regelung für im Gemeindegebiet vorhandene große landwirtschaftlich genutzte Grundstücke mit Mehrfacherschließung vorhanden sein müsste. Grundlage für diese Entscheidung ist die Auswahl des Gebührenmaßstabes zur Ermittlung der Straßenreinigungsgebühren. Die Gemeinde muss nicht die tatsächliche Verschmutzung ermitteln, die von jedem an der Straße anliegenden Grundstück ausgeht, um daraufhin den konkreten Aufwand für die Reinigung der Straße für jeden Anlieger festzulegen und abzurechnen. Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität kann vielmehr auf sog. Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe zurückgegriffen werden, durch die verschiedene Einzelfallkonstellationen zu typisierten Gruppen zusammengefasst werden. Der gewählte Maßstab muss dabei aber eine ausreichende Beziehung (Äquivalenz) zwischen dem aus der Straßenreinigung erzielten Vorteil für die Anlieger und den dafür erhobenen Gebühren abbilden müssen. Diesen Anforderungen wird der von der Gemeinde Bad Essen gewählte Grundflächenmaßstab grundsätzlich gerecht. Als problematisch erachtet das Gericht aber die Anwendung eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes, wenn dieser zu einer Gebühr führt, die nicht mehr als Bagatellbelastung angesehen werden kann. Dies ist nach Ansicht des Gerichts ab einer Gebührenhöhe von 500 Euro jährlich der Fall.

 

Damit der gewählte Grundflächenmaßstab als vorteilsgerecht für die Anlieger angesehen werden kann, hält das Gericht drei Handlungsoptionen für denkbar. So könnte die Gemeinde die Belastung für besonders große, landwirtschaftlich genutzte Grundstücke mit Mehrfacherschließung durch Einführung einer generellen Vergünstigungsvorschrift unter die Bagatellgrenze absenken. Alternativ könnte sie den Gebührenmaßstab verfeinern, indem sie z.B. die tatsächliche Verschmutzungsverursachung und die dadurch entstehende höhere Belastung für die Straßenreinigung zwischen landwirtschaftlich genutzten und Wohngrundstücken ermittelt und ins Verhältnis zueinander setzt, um die so gewonnene Relation anschließend bei der Gebührenermittlung berücksichtigen zu können. Eine weitere Möglichkeit, die aber vom Gericht bereits als untypisch für das Kommunalabgabenrecht bezeichnet wird, wäre die Aufnahme einer Härtefallregelung in die Straßenreinigungsgebührensatzung.  

 

Aus Sicht der Verwaltung bietet sich danach die Einführung einer Kappungsgrenze an, die für große, landwirtschaftlich genutzte Grundstücke mit Mehrfacherschließung eine Begrenzung der Gebührenpflicht auf einen Höchstbetrag von 500 Euro jährlich beinhaltet.

 

In § 3 Abs. 2 der Straßenreinigungsgebührensatzung vom 10.12.2020 wird deshalb folgender Satz 2 neu eingefügt:

„Für große landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, die an mehreren Straßen anliegen, wird die Straßenreinigungsgebühr auf einen Höchstbetrag jährlich von 500 Euro begrenzt.“

 

Gleichzeitig wird vorgeschlagen, die Anlage zur Straßenreinigungssatzung der Gemeinde Bad Essen vom 18.12.1975, zuletzt geändert durch Satzung vom 24.03.2022, zu ändern. In der Anlage werden die zu reinigenden Straßen festgelegt.  Mit der Änderung soll einer der beiden Straßenabschnitte, für die das durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 28.09.2022 betroffenen Grundstück zur Straßenreinigungsgebühr herangezogen wird, aus der maschinellen Straßenreinigung herausgenommen werden. Eine Herausnahme des Straßenabschnittes wäre problemlos möglich, da es sich dabei um das Endstück einer veranlagten Straße handelt.

 


Anlagen:

1.    Entwurf der 24. Änderungssatzung zur Straßenreinigungssatzung vom 18.12.1975

2.    Entwurf der 1. Änderungssatzung zur Straßenreinigungsgebührensatzung vom 10.12.2022

 


Beschlussvorschlag:

Der Rat beschließt

 

1.    Die 24. Änderungssatzung zur Straßenreinigungssatzung vom 18.12.1975 in der anliegenden / geänderten Fassung.

2.    Die 1. Änderungssatzung zur Straßenreinigungsgebührensatzung vom 10.12.2020 in der anliegenden / geänderten Fassung.

 


 

Haushaltsmittel

stehen bei Konto ____________ zur Verfügung

sind  überplanmäßig /  außerplanmäßig bereitzustellen

Deckungsvorschlag:

Sonstiges

Haushaltsmittel werden nicht benötigt

 

Beteiligung der Ortschaften

ist nicht erforderlich

wird noch vorgenommen

ist erfolgt mit folgendem Ergebnis: